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Handreichung zur kirchlichen Bestattung in
besonderen Fällen

Vom 20. Februar 1989

(ABl. ELKTh S. 74)

Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen hat aufgrund von § 82 Abs. 2 Ziff. 3 der Verfassung der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen folgende
Verordnung
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§ 1

( 1 ) Die von der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik beschlossene »Handreichung zur kirchlichen Bestattung in besonderen Fällen«, bestehend aus theologischen Erläuterungen und einem liturgischen Formular, wird mit dem sich aus der Anlage 1 ergebenden Wortlaut nach Maßgabe dieser Verordnung zur Anwendung in den Kirchgemeinden der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen freigegeben.
( 2 ) Die Superintendenturen und deren Mittlere Ebene werden aufgefordert, für eine möglichst einheitliche Verfahrensweise innerhalb der Superintendenturen zu sorgen und in dieser Sache auch Fühlung mit den Nachbarsuperintendenturen zu nehmen.
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§ 2

( 1 ) Die Entscheidung über die Anwendung der Handreichung obliegt dem Gemeindekirchenrat. Die seelsorgerliche Verantwortung des Pfarrers für die Entscheidung im Einzelfall wird davon nicht berührt.
( 2 ) In den Beschluss über die Anwendung der Handreichung ist aufzunehmen, ob beim Handeln am Grab die Bestattungsformel verwendet werden oder entfallen soll.
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§ 3

( 1 ) Vollzogene kirchliche Bestattungen in besonderen Fällen sind in das Bestattungsbuch ohne fortlaufende Nummer einzutragen und in der Bemerkungsspalte besonders zu kennzeichnen.
( 2 ) Die Vorschriften über den Vollzug von Amtshandlungen durch örtlich nicht zuständige Pfarrer und über das Erfordernis einer Abmeldebescheinigung (Dimissoriale) sind sinngemäß bei Bestattungen in besonderen Fällen anzuwenden.
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§ 4

Diese Verordnung tritt am 1. März 1989 in Kraft.
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Anlage 1

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Handreichung zur kirchlichen Bestattung in besonderen Fällen

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I.

Die Kirche hat den Auftrag, allen Menschen das Wort Gottes zu verkündigen. Um diesen Auftrag zu erfüllen, hat sie auch die Bestattung ihrer verstorbenen Glieder und die seelsorgerliche Begleitung der Hinterbliebenen zu ihrer Sache gemacht.
Die kirchliche Bestattung, die in ihrer Geschichte unterschiedliche Akzente gehabt hat, ist bis in die Gegenwart hinein als Gottesdienst anlässlich des Todes eines Gliedes der christlichen Gemeinde verstanden worden. Das Besondere einer christlichen Bestattung liegt darin, dass sie sowohl die Gemeinde der Lebenden als auch den Verstorbenen im Blick hat. Bei der Bestattung erweist die Gemeinde dem Verstorbenen einen Dienst der Liebe und der Menschlichkeit. Die Trauernden tröstet sie mit der Botschaft, dass Gottes Macht größer ist als der Tod. Den Verstorbenen befiehlt sie der Gnade Gottes. Die Gemeinde trauert mit den Betroffenen.
In zunehmendem Maße leben Christen in einer Ehe, Familie, Verwandtschaft, Freundschaft mit Menschen zusammen, die nicht oder nicht mehr Glieder der Kirche sind, oder deren kirchlichen Rechte ruhen. Das wird beim Tod eines Menschen aus diesem Kreis schmerzlich bewusst. Während einerseits Christen nicht mehr kirchlich bestattet werden, weil die Angehörigen dies ablehnen, bitten andererseits Christen nachdrücklich darum, ihren Verstorbenen, der diesen Anspruch nicht hat, kirchlich zu bestatten. 10 Diese Bitte entspringt häufig dem Wunsch der trauernden Gemeindeglieder nach kirchlicher Begleitung, weil sich angesichts des Todes die Frage nach dem Sinn und Ziel menschlichen Lebens verstärkt aufdrängt und menschliche Würdigung allein keine Hilfe verspricht.
11 Die Kirche nimmt solche Fragen nach Antworten aus der christlichen Botschaft sowie die Trauer und Anfechtung ihrer Gemeindeglieder ernst.
12 Sie bietet den Trauernden, wenn über den gegebenen Anlass hinaus eine Beziehung der Hinterbliebenen zur christlichen Botschaft erkennbar ist und sie im Besitz der kirchlichen Rechte sind, eine »Kirchliche Bestattung in besonderen Fällen« an. 13 Die Glaubwürdigkeit der Verkündigung darf dabei jedoch nicht beeinträchtigt werden.
14 Eine kirchliche Bestattung kann nicht stattfinden, wenn Verhalten und Äußerungen des Verstorbenen darauf hindeuteten, dass dieser in entschiedenem Widerspruch zur Kirche stand. 15 In diesem Fall kann für die Angehörigen eine Andacht angeboten werden. 16 Der seelsorgerlichen Begleitung der Trauernden kommt dann besondere Bedeutung zu.
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II.

Wird aus seelsorgerlicher Verantwortung heraus eine kirchliche Bestattung gehalten, so kommt dem vorbereitenden Gespräch des Pfarrers/der Pastorin mit den Angehörigen eine besondere Bedeutung zu. Das Verhältnis der Trauernden und des Verstorbenen zum christlichen Glauben wird dabei zur Sprache gebracht. Der Pfarrer/die Pastorin spricht mit den Hinterbliebenen über den Verlauf der »Kirchlichen Bestattung in besonderen Fällen«. Sie sollen erfahren, dass sich durch die besondere Situation Unterschiede zur Bestattung eines Gemeindegliedes ergeben.
Aus Respekt vor dem Verstorbenen und um der Glaubwürdigkeit der Verkündigung willen wird nicht verschwiegen, dass der Verstorbene nicht der Kirche angehörte bzw. seine kirchlichen Rechte ruhten.
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III.

Die »Kirchliche Bestattung in besonderen Fällen«, ergänzt die zur Zeit gültige Ordnung des kirchlichen Lebens (VELKD: VIII, 7.2., EKU: Art. 70 und 72).
Die »Kirchliche Bestattung in besonderen Fällen« kann nur in Gemeinden gehalten werden, die über die Gründe der Einführung den Verlauf und die Besonderheiten einer solchen Bestattung unterrichtet sind und deren Gemeindekirchenrat/Kirchgemeinderat/Kirchenvorstand Bestattungen dieser Art grundsätzlich gebilligt hat. Dabei ist anzustreben, dass innerhalb einer Region einheitlich gehandelt wird.
Die Entscheidung für oder gegen eine solche Bestattung trifft der Pfarrer/die Pastorin, in dessen/deren Gemeindebereich der/die Verstorbene wohnte. In schwierigen Fällen hält jener/jene mit Kirchenvorstehern/Kirchenältesten und dem zuständigen Superintendenten/Kreisoberpfarrer Verbindung.
Die »Kirchliche Bestattung in besonderen Fällen« hat keine mitgliedschaftlichen Folgen.
Es wird empfohlen, die »Kirchliche Bestattung in besonderen Fällen« im Kirchenbuch einzutragen und als solche kenntlich zu machen.
(Vorschlag für liturgisches Formular)
In der Friedhofskapelle
Eröffnung
(vgl. Bausteine)
Wir sind hier zusammengekommen, um N. N. zu bestatten. Wir trauern um ihn/sie. Sein/ihr Tod macht uns betroffen.
10 Sie haben als Angehörige um diesen Gottesdienst gebeten, obwohl N. N. nicht der Kirche angehörte, obwohl die kirchlichen Rechte von N. N. ruhten. 11 Wir erbitten uns in dieser Stunde Trost und Hilfe.
11 Gottes Wort ruft uns zu:
»Was betrübst du dich, meine Seele und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.« (Psalm 42,6)
(oder: siehe Bausteine)
Lied
Psalm
13 Wir beten mit Worten der Bibel:
»Herr lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind eine Hand breit bei Dir, und mein Leben ist wie nichts vor Dir.
Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben!
Sie gehen daher wie ein Schatten und machen sich viel vergebliche Unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es einbringen wird. Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten?
Ich hoffe auf Dich.
Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen;
denn ich bin ein Gast bei Dir, ein Fremdling,
wie alle meine Väter.«
(aus Psalm 39)
14 Amen.
(oder: siehe Bausteine)
Lesung
15 Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinde von Rom im 8. Kapitel:
»Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat–, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.«
(Römer 8, 18–25)
(oder: siehe Bausteine)
Predigt
Lied
Gebet
(Wir Christen beten zu Gott. So tun wir es auch an diesem Sarge.)
16 Allmächtiger Gott, Du hältst Leben und Tod in deiner Hand. 17 Dir bringen wir unseren Schmerz, unseren Dank und unsere Bitte. 18 Wir beugen uns vor Dir, dem heiligen Gott. 19 Du vergibst die Schuld. 20 Du erhöhst uns aus dem Staub und machst vergängliche Menschen zu Werkzeugen deiner Liebe. 21 Wir danken Dir für allen Segen, den Du in dieses Leben gelegt hast. 22 Wir bitten Dich: Tröste uns und alle, die den Verstorbenen/die Verstorbene lieb hatten. 23 Schenke uns allezeit Menschen, die Deine Wahrheit, Deine Liebe und Deinen Frieden in die Welt tragen. 24 Du schenkst uns das Leben neu durch Christus, unseren Herrn.
(oder: siehe Bausteine)
(Bei Trauerfeiern vor der Einäscherung oder Urnenbeisetzungen ist das Folgende entsprechend anzupassen.)
25 Lasst uns nun gehen und den Verstorbenen/die Verstorbene zu seinem/ihrem Grab geleiten. 26 Der Friede Gottes sei mit uns auf dem Wege.
Am Grabe
27 »Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.« (Psalm 34, 19)
28 Lasst uns den Verstorbenen/die Verstorbene begraben. 29 Von Erde bist du genommen, zu Erde sollst zu werden. (Hier kann der Erdwurf erfolgen).
oder:
29 Erde zur Erde,
Asche zur Asche,
Staub zum Staub.
30 Jesus Christus spricht: »Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.« (Joh. 11, 25, 26)
(vgl. hierzu Anmerkung)
31 Lassen Sie uns in der Stille des Verstorbenen/der Verstorbenen gedenken und an unser eigenes Sterben denken.
Stille
Vaterunser
Segen
Anmerkung:
Wenn die Bestattungsformel entfällt, dann wird dafür gesprochen:
»Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.« (Psalm 34, 19)
oder:
»Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.«
(2. Tim. 1, 10)
Bausteine
Hier nicht abgedruckt