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Verordnung über die Weiterbildung der
Pfarrvikare

Vom 25. Mai 1981 (ABl. ELKTh S. 112), zuletzt geändert durch VO vom 28. September 1993

(ABl. ELKTh S. 173)

Der Landeskirchenrat hat aufgrund des § 82 der Verfassung zur Ergänzung und in teilweiser Abänderung der Verordnung über die 2. theologische Prüfung (Anstellungsprüfung) vom 7. Dezember 1956 und der Ergänzungsverordnung hierzu vom 6. August 1979 folgendes verordnet:
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I. Allgemeines

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§ 1

( 1 ) Pfarrvikare, die in einem Gemeindepfarramt der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen tätig sind, können an einer dreijährigen Ausbildung teilnehmen, die als praxisbegleitende Qualifizierung zur Ablegung der 2. theologischen Prüfung führt. Voraussetzung ist in der Regel, dass sie mindestens zwei Jahre als Pfarrvikar fest angestellt sind.
( 2 ) Für die Ablegung der Prüfung sind die für die 2. theologische Prüfung (Anstellungsprüfung) geltenden Bestimmungen maßgebend, soweit nicht im Folgenden anders bestimmt wird. Die Prüfungsbereiche zwei bis fünf des § 4 der Verordnung vom 6. August 1979 werden gesondert am Ende des ersten und des zweiten Studienjahres geprüft, der Prüfungsbereich eins als abschließende Prüfung am Ende des dritten Studienjahres.
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§ 2

( 1 ) Der Landeskirchenrat gibt den Beginn jedes Ausbildungskursus im Amtsblatt bekannt. Er kann auch Pfarrvikare direkt zur Meldung auffordern.
( 2 ) Der Pfarrvikar reicht sein Gesuch um Aufnahme in die Ausbildung über den Superintendenten an den Landeskirchenrat ein. Der Superintendent gibt es mit einer ausführlichen Stellungnahme über die geistige und geistliche Eignung sowie die praktische Amtsführung des Bewerbers weiter.
( 3 ) Über die Aufnahme in die Ausbildung entscheidet der Landeskirchenrat. Er kann seine Entscheidung vom Ausgang eines Kolloquiums, das der Ausbildungsdezernent und der Ausbildungsleiter mit dem Bewerber führen, abhängig machen.
( 4 ) Die Entscheidung des Landeskirchenrates kann lauten:
  1. Zulassung zur Ausbildung;
  2. Zurückstellung der Entscheidung um mindestens ein Jahr;
  3. endgültige Ablehnung der Aufnahme in die Ausbildung.
( 5 ) Eine Entscheidung nach Abs. 4, Ziff. 2 und 3 ist dem Betroffenen mit Begründung schriftlich mitzuteilen. Gegen die Entscheidung des Landeskirchenrats gibt es kein Rechtsmittel. Das Recht der Gegendarstellung sowie das Recht, sich mit einer Eingabe an die Synode zu wenden, bleiben unberührt.
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§ 3

Mit der Aufnahme in die Ausbildung verpflichtet sich der Pfarrvikar zu einem stetigen Selbststudium nach Anleitung neben seinen Dienstobliegenheiten. Für die im Rahmen der Ausbildung vorgesehenen Kurse und Konsultationen und Prüfungen wird ihm Dienstbefreiung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub gewährt.
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§ 4

( 1 ) Während der Ausbildung hat der Pfarrvikar Anspruch auf einen wöchentlichen Studientag. Einzelheiten werden durch Absprache mit dem zuständigen Superintendenten geregelt.
( 2 ) Im Interesse der Ausbildung nimmt der Pfarrvikar an nicht unmittelbar zu seinem gemeindlichen Dienst gehörenden Veranstaltungen nicht teil (Rüstzeiten, Tagungen, u. ä.). Er ist zur Teilnahme am Pfarrkonvent weiterhin verpflichtet.
( 3 ) Während der Ausbildung darf der Pfarrvikar nur mit Einverständnis des Ausbildungsleiters zu übergemeindlichen Aufgaben und Vakanzvertretungen herangezogen werden.
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§ 5

( 1 ) Verantwortlich für die Ausbildung ist der Ausbildungsleiter. Er beruft die Pfarrvikare zu den vorgesehenen vierzehntägigen Kursen nach Absprache mit dem Landeskirchenrat sowie zu den Konsultationen (Studientagen) ein.
( 2 ) Im Selbststudium arbeitet der Pfarrvikar nach Anleitung thematisch und exemplarisch in den theologischen Grunddisziplinen Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische und Praktische Theologie. Der Pfarrvikar legt im Verlauf der Ausbildung zwei Seminararbeiten vor, in der Regel eine in einem der biblischen Fächer und eine weitere in einem der übrigen Fächer. Der jeweilige Fachdozent versieht die Arbeit mit einer verbalen Beurteilung und bespricht sie mit dem Pfarrvikar.
( 3 ) Während der gesamten Ausbildungszeit wird jeder Pfarrvikar vierteljährlich vom Ausbildungsleiter zu einer Konsultation besucht oder einberufen. Auch Konsultationen mit den Fachdozenten sind möglich. Ausbildungsleiter und Dozenten überzeugen sich vom Ausbildungsstand und geben Hinweise, Empfehlungen und gegebenenfalls Auflagen für den Fortgang der Arbeit.
( 4 ) Die Konsultationen sollen als fachliche und seelsorgerliche Beratung dem Pfarrvikar helfen, eigene theologische Probleme und Glaubensfragen sowie Probleme der praktischen Amtsführung zu bewältigen.
( 5 ) Hat der Ausbildungsleiter den Eindruck, dass ein Pfarrvikar seinen Ausbildungsverpflichtungen nicht nachkommt oder ihnen nicht gewachsen ist, teilt er dies dem Landeskirchenrat mit. Dieser entscheidet über geeignete Unterstützungsmaßnahmen oder ob der betreffende Pfarrvikar zeitweilig oder für dauernd vom weiteren Ausbildungsgang auszuschließen ist. Im letzteren Falle gilt § 2, Absatz 5, entsprechend.
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II. Das erste Studienjahr

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§ 6

( 1 ) Die Ausbildung beginnt mit einem Einführungskurs (erster Kurs), in dem den Pfarrvikaren der Ablauf der dreijährigen Ausbildung erläutert wird. Die Dozenten der fünf theologischen Grunddisziplinen geben einen Überblick über ihr Fachgebiet und seine Schwerpunkte.
( 2 ) Die Aufgabenstellung im ersten Studienjahr wird erläutert, besonders im Blick auf die Prüfungen am Endes des Jahres im Prüfungsbereich 4 (Unterweisung – Bildung – Erziehung) und im Prüfungsbereich 5 (Kirchliche Ordnung – Kirchenrecht – Gemeindeleitung).
( 3 ) Die Dozenten teilen den Kursusteilnehmern mit, welche Literatur sie im Laufe der Ausbildung in den einzelnen Disziplinen durchzuarbeiten haben und geben Hinweise für ergänzende Literatur zur Vertiefung der Allgemeinbildung. Sie behandeln vom zweiten Kurs an in Vorlesungen und seminaristisch Schwerpunkte und Spezialprobleme der Grunddisziplinen.
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§ 7

Pflicht jedes Ausbildungsteilnehmers ist die Erlernung des neutestamentlichen Griechisch nach entsprechender Anleitung und Übung in den Kursen im Selbststudium oder mit Hilfe eines Mentors. Am Schluss der dreijährigen Ausbildung muss der Pfarrvikar in der Lage sein, einen neutestamentlichen Text lesen und ohne größere Hilfen übersetzen zu können. Entsprechende Übungen finden in jedem Kursus statt.
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§ 8

( 1 ) Der dritte Kurs dient der Zusammenfassung und Vertiefung der Kenntnisse in den Prüfungsbereichen vier und fünf.
( 2 ) Am Ende dieses Kurses wird die mündliche Prüfung in den Prüfungsbereichen 4 und 5 abgelegt. Die Prüfungen werden unter Mitwirkung der Fachdozenten abgenommen durch die vom Landesbischof als Vorsitzenden der Prüfungsbehörde für die theologische Anstellungsprüfung benannte Prüfungskommission, der vier Mitglieder der Prüfungsbehörde angehören.
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§ 9

Sind die Leistungen eines Pfarrvikars unbefriedigend, so entscheidet der Landeskirchenrat, ob dieser Pfarrvikar von der weiteren Ausbildung ausgeschlossen, ob ihm die Wiederholung des ersten Studienjahres auferlegt oder ob ihm ausnahmsweise gestattet wird, bei der Zwischenprüfung am Ende des zweiten Studienjahres sich einer Nachprüfung in einem Fach zu unterziehen.
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III. Das zweite Studienjahr

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§ 10

( 1 ) Im zweiten Studienjahr finden drei weitere Kurse statt, die der Weiterarbeit in den theologischen Grunddisziplinen und der Vorbereitung auf die Prüfung im Prüfungsbereich 2 (Gottesdienst – Predigt – Kasualien) und im Prüfungsbereich 3 (Seelsorge – Beratung – Diakonie) durch Spezialvorlesungen und Übungen sowie der Festigung und Vertiefung der Kenntnisse im neutestamentlichen Griechisch dienen.
( 2 ) Schwerpunkte sind im vierten und fünften Kurs (wie im 1. Studienjahr) die exemplarische und seminaristische Arbeit in den Grunddisziplinen, im sechsten Kurs die Vorbereitung der mündlichen Prüfung in den Prüfungsbereichen 2 und 3.
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§ 11

( 1 ) Im zweiten Studienjahr wird die Prüfungspredigt angefertigt und gehalten sowie der Prüfungsgemeindeabend durchgeführt.
( 2 ) Der Text der Prüfungspredigt wird dem Pfarrvikar vom Landeskirchenrat schriftlich mitgeteilt. Zur Ausarbeitung stehen dem Pfarrvikar zwei Wochen zur Verfügung. Die schriftliche Ausarbeitung der Examenspredigt umfasst: Exegese unter Verwendung des griechischen Neuen Testaments, Meditation, Gliederung der Predigt, wörtliche Ausarbeitung.
( 3 ) Die exegetische und homiletische Bewertung der Ausarbeitung erfolgt durch die Fachdozenten. Die Zensur erteilt der Ausbildungsdezernent mit einem weiteren Mitglied der Prüfungskommission.
( 4 ) Der Pfarrvikar hält die Prüfungspredigt in einem Gottesdienst in seiner Gemeinde in Gegenwart des zuständigen Superintendenten bzw. seines Vertreters, der darüber und über das liturgische Verhalten ein Protokoll mit einem Bewertungsvorschlag anfertigt und dem Landeskirchenrat einreicht.
( 5 ) Der Pfarrvikar hält in seiner Gemeinde in Gegenwart des Visitators den Prüfungsgemeindeabend. Der Pfarrvikar entscheidet darüber, ob er einen Bibelabend oder einen thematischen Abend hält und welche musikalischen oder visuellen Mittel er benutzt.
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§ 12

( 1 ) Die mündliche Prüfung in den Prüfungsbereichen 2 und 3 findet am Ende des sechsten Kurses statt. § 8 Abs. 2 und § 9 dieser Verordnung gelten entsprechend.
( 2 ) Falls die Nachprüfung in einem Fach zugelassen wird, erfolgt diese nicht im Zusammenhang mit der abschließenden Prüfung, sondern in einem angemessenen Zeitabstand vorher.
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IV. Drittes Studienjahr

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§ 13

Das dritte Studienjahr dient mit drei weiteren Kursen der Erweiterung, Festigung und Vertiefung der Kenntnisse in den Grunddisziplinen Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte mit Ökumenik sowie Systematische Theologie und Ethik sowie der Festigung und Vertiefung der Kenntnisse im neutestamentlichen Griechisch und der Vorbereitung und Durchführung der Abschlussprüfung im Prüfungsbereich 1 – Die Lehre der Kirche.
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§ 14

( 1 ) Schwerpunkte des siebenten und achten Kurses sind, wie in den vorhergehenden Studienjahren, die exemplarische, seminaristische und interdisziplinäre Erarbeitung des Stoffes der Grunddisziplinen und Übersetzungsübungen aus dem griechischen Neuen Testament.
( 2 ) Rechtzeitig vor Beginn des achten Kurses nennen die Pfarrvikare den Dozenten ihre Wahldisziplin für die große Hausarbeit und eventuelle Schwerpunkte. Die formulierten Themen legt der Ausbildungsleiter dem Landeskirchenrat zur Genehmigung vor. Am Ende des achten Kursus werden den Pfarrvikaren die Themen für ihre großen Hausarbeiten schriftlich mitgeteilt.
( 3 ) Für die Ausarbeitung der Hausarbeit stehen den Pfarrvikaren sechs Wochen zur Verfügung. Während dieser Zeit sind sie von jeder sonstigen dienstlichen Verpflichtung zu befreien.
( 4 ) Die Hausarbeit soll etwa dreißig Schreibmaschinenseiten umfassen und zeigen, dass der Pfarrvikar ein theologisches Thema erfassen, unter Verwendung der wichtigsten Literatur klar darstellen und im Blick auf seine Bedeutung für die Pfarramtspraxis wissenschaftlich bearbeiten kann. Er hat anzugeben, welche Bücher und Zeitschriftenaufsätze er bei der Abfassung der Hausarbeit benutzt hat. Er hat schriftlich zu versichern, dass er andere Hilfsmittel und fremde Hilfe nicht in Anspruch genommen hat.
( 5 ) Erstgutachter der Hausarbeit ist der jeweilige Fachdozent, Zweitgutachter sind der Ausbildungsdezernent und ein anderes Mitglied der Prüfungskommission.
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§ 15

( 1 ) Im neunten Kurs wird die abschließende schriftliche und mündliche Prüfung vorbereitet und durchgeführt.
( 2 ) Während dieses Kurses werden zwei Klausurarbeiten an zwei verschiedenen Tagen geschrieben. Für jede dieser Arbeiten stehen den Pfarrvikaren vier Stunden zur Verfügung. Sie sollen dabei zeigen, dass sie ein nicht zu spezielles, für Pfarramtspraxis wichtiges theologisches Thema erfassen und darstellen können. Für die eine Klausurarbeit sind je zwei Themen aus dem Alten und dem Neuen Testament zur Wahl zu stellen, für die andere Klausurarbeit je zwei Themen aus der Kirchengeschichte (oder Ökumenik) und der Systematischen Theologie (oder Ethik). Dabei ist die kirchengeschichtliche Klausur thematisch so festzulegen, dass sie neben dem kirchengeschichtlichen Inhalt eine theologische Wertung erhalten soll.
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§ 16

( 1 ) Am Ende des neunten Kurses findet die abschließende mündliche Prüfung im Prüfungsbereich eins sowohl in den Grunddisziplinen Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte und Systematische Theologie als auch interdisziplinär statt.
( 2 ) Unter dem Vorsitz des Landesbischofs als Vorsitzenden der Prüfungsbehörde prüft in Gegenwart der von ihm bestimmten Miglieder der Prüfungskommission jeder Dozent sein Fachgebiet. Die Mitglieder der Prüfungskommission können Zusatzfragen stellen. Die Kandidaten werden in Gruppen von drei bis vier Bewerbern in jeder der vier genannten Disziplinen geprüft. Die Prüfungszeit beträgt im Neuen Testament 15 Minuten, in den übrigen Disziplinen 10 Minuten. Der Landesbischof kann jeweils in Form eines Kolloquiums die Prüfung zusammenfassen und Verbindungslinien und die praktische Bedeutung der Ergebnisse herausarbeiten lassen.
( 3 ) Für die Beurteilung aller Prüfungsleistungen und ihre Zusammenfassung in einer Gesamtnote gelten die Bestimmungen über die 2. theologische Prüfung.
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§ 17

Pfarrvikare, die während der Abschlussprüfung zurückgetreten sind, als zurückgetreten gelten oder die Prüfung nicht bestanden haben, können die Prüfung nach Wiederholung des dritten Studienjahres einmal wiederholen; eine zweite Wiederholung der Abschlussprüfung ist ausgeschlossen.
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§ 18

Die vorstehende Verordnung tritt mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.