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Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt
(Auszug)

Vom 16. Juli 1992 (GVBl. S. 600),
zuletzt geändert durch Artikel 1 Gesetz vom 20. März 2020 (GVBl. LSA S. 64).

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat als verfassungsgebende Landesversammlung mit der Mehrheit des § 1 des Gesetzes über das Verfahren zur Verabschiedung und Verkündung der Landesverfassung vom 25. Juni 1992 (GVBl. LSA S. 564) die folgende Verfassung beschlossen, die hiermit ausgefertigt wird.

Inhaltsübersicht

2. Hauptteil Bürger und Staat
Erster Abschnitt Grundrechte
Zweiter Abschnitt Einrichtungsgarantien
Dritter Abschnitt Staatsziele
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Präambel

In freier Selbstbestimmung gibt sich das Volk von Sachsen-Anhalt diese Verfassung. Dies geschieht in Achtung der Verantwortung vor Gott und im Bewußtsein der Verantwortung vor den Menschen mit dem Willen, die Freiheit und Würde des Menschen zu sichern, die Grundlagen für ein soziales und gerechtes Gemeinschaftsleben zu schaffen, die wirtschaftliche Entwicklung und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im ganzen Land zu fördern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, das Klima als Grundlage menschlichen Lebens zu schützen und einer globalen Erwärmung im Rahmen des Möglichen entgegenzuwirken sowie die kulturelle und geschichtliche Tradition in allen Landesteilen zu pflegen. Ziel aller staatlichen Tätigkeiten ist es, das Wohl der Menschen zu fördern, dem Frieden zu dienen und das Land Sachsen-Anhalt zu einem lebendigen Glied der Bundesrepublik Deutschland und der Gemeinschaft aller Völker zu gestalten.
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1. Hauptteil
Grundlagen der Staatsgewalt

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Artikel 1
Land Sachsen-Anhalt

( 1 ) Das Land Sachsen-Anhalt ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland und Teil der europäischen Völkergemeinschaft.
( 2 ) Die Landesfarben sind gelb und schwarz. Das Nähere über Wappen, Flaggen und Siegel regelt ein Gesetz.
( 3 ) Die Landeshauptstadt ist Magdeburg.
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Artikel 2
Grundlagen

( 1 ) Das Land Sachsen-Anhalt ist ein demokratischer, sozialer und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteter Rechtsstaat.
( 2 ) Das Volk ist der Souverän. Vom Volk geht alle Staatsgewalt aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und in Abstimmungen sowie durch die Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
( 3 ) Die kommunale Selbstverwaltung wird gewährleistet.
( 4 ) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung in Bund und Land, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
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2. Hauptteil
Bürger und Staat

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Artikel 3
Bindung an Grundrechte, Einrichtungsgarantien und Staatsziele

( 1 ) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
( 2 ) Die nachfolgenden Einrichtungsgarantien verpflichten das Land, diese Einrichtungen zu schützen sowie deren Bestand und Entwicklung zu gewährleisten.
( 3 ) Die nachfolgenden Staatsziele verpflichten das Land, sie nach Kräften anzustreben und sein Handeln danach auszurichten.
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Erster Abschnitt
Grundrechte

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Artikel 4
Menschenwürde

( 1 ) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
( 2 ) Das Volk von Sachsen-Anhalt bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
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Artikel 5
Handlungsfreiheit, Freiheit der Person

( 1 ) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
( 2 ) Jeder hat das Recht auf Leben sowie auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.
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Artikel 6
Datenschutz, Umweltdaten

( 1 ) Jeder hat das Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. In dieses Recht darf nur durch oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Dabei sind insbesondere Inhalt, Zweck und Ausmaß der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten zu bestimmen und das Recht auf Auskunft, Löschung und Berichtigung näher zu regeln.
( 2 ) Jeder hat das Recht auf Auskunft über die Vorhaben und Daten im Verfügungsbereich der öffentlichen Gewalt, welche die natürliche Umwelt in seinem Lebensraum betreffen, soweit nicht Bundesrecht, rechtlich geschützte Interessen Dritter oder das Wohl der Allgemeinheit entgegenstehen. Das Nähere regeln die Gesetze.
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Artikel 7
Gleichheit vor dem Gesetz

( 1 ) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
( 2 ) Frauen und Männer sind gleichberechtigt.
( 3 ) Niemand darf aus Gründen des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Abstammung oder wegen seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens oder seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder aus rassistischen Gründen benachteiligt oder bevorzugt werden.
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Artikel 8
Gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten

( 1 ) Jeder Deutsche hat in Sachsen-Anhalt die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
( 2 ) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
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Artikel 9
Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit

( 1 ) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
( 2 ) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
( 3 ) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht zu bestimmen. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
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Artikel 10
Meinungsfreiheit

( 1 ) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
( 2 ) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
( 3 ) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung, die Freiheit der Forschung nicht von der Achtung der Menschenwürde und der Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen.
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Artikel 11
Eltern und Kinder

( 1 ) Pflege und Erziehung der Kinder unter Achtung ihrer Persönlichkeit und ihrer wachsenden Einsichtsfähigkeit sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
( 2 ) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur aufgrund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
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Artikel 12
Versammlungsfreiheit

( 1 ) Alle Menschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
( 2 ) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden, für Personen, die nicht Deutsche sind, auch für sonstige Versammlungen.
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Artikel 13
Vereinigungsfreiheit

( 1 ) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden sowie sich an Bürgerbewegungen zu beteiligen.
( 2 ) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
( 3 ) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.
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Artikel 14
Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis

( 1 ) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
( 2 ) Beschränkungen dürfen nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden.
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Artikel 15
Freizügigkeit

( 1 ) Alle Deutschen genießen in Sachsen-Anhalt Freizügigkeit.
( 2 ) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.
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Artikel 16
Berufsfreiheit, Verbot der Zwangsarbeit

( 1 ) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden.
( 2 ) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
( 3 ) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
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Artikel 17
Unverletzlichkeit der Wohnung

( 1 ) Die Wohnung ist unverletzlich.
( 2 ) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
( 3 ) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, aufgrund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
( 4 ) Maßnahmen der optischen oder akustischen Ausspähung in oder aus Wohnungen durch den Einsatz technischer Mittel sind nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Gefahr für Leib oder Leben einzelner Personen auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig. Im Übrigen gilt Absatz 2 entsprechend.
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Artikel 18
Eigentum, Erbrecht, Enteignung

( 1 ) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet, Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
( 2 ) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit, insbesondere dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, dienen.
( 3 ) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
( 4 ) Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
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Artikel 19
Petitionsrecht

Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an den Landtag, die Vertretungen des Volkes in den Kommunen und an die zuständigen Stellen zu wenden. In angemessener Frist ist Bescheid zu erteilen.
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Artikel 20
Einschränkung von Grundrechten

( 1 ) Soweit nach dieser Verfassung ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muss das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
( 2 ) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist bei jeder nach dieser Verfassung zulässigen Einschränkung eines Grundrechts zu beachten. In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
( 3 ) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
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Artikel 21
Gerichtlicher Rechtsschutz, Widerstandsrecht

( 1 ) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bleibt unberührt.
( 2 ) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.
( 3 ) Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
( 4 ) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
( 5 ) Gegen jeden, der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung in Sachsen- Anhalt zu beseitigen, haben alle Bürger das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
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Artikel 22
Strafgerichtsbarkeit

( 1 ) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
( 2 ) Niemand darf wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
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Artikel 23
Rechtsgarantien bei Freiheitsentziehung

( 1 ) Die Freiheit der Person kann nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.
( 2 ) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
( 3 ) Jeder wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
( 4 ) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
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Zweiter Abschnitt
Einrichtungsgarantien

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Artikel 24
Schutz von Ehe, Familie und Kindern

( 1 ) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
( 2 ) Wer in häuslicher Gemeinschaft für Kinder oder Hilfsbedürftige sorgt, verdient Förderung und Entlastung. Das Land und die Kommunen wirken insbesondere darauf hin, dass für die Kinder angemessene Betreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen.
( 3 ) aufgehoben
( 4 ) aufgehoben
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Artikel 25
Bildung und Schule

( 1 ) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine Herkunft und wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seine Begabung und seine Fähigkeiten fördernde Erziehung und Ausbildung.
( 2 ) Es besteht allgemeine Schulpflicht.
( 3 ) Das Nähere regeln die Gesetze.
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Artikel 26
Schulwesen

( 1 ) Das Land und die Kommunen sorgen für ein ausreichendes und vielfältiges öffentliches Schulwesen.
( 2 ) An den öffentlichen Schulen werden die Kinder aller religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen in der Regel gemeinsam erzogen (Gemeinschaftsschule).
( 3 ) Das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen und deren Schule auszuwählen, sind bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens zu berücksichtigen.
( 4 ) Der Unterricht an allen öffentlichen Schulen ist unentgeltlich.
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Artikel 27
Erziehungsziel, Ethik- und Religionsunterricht

( 1 ) Ziel der staatlichen und der unter staatlicher Aufsicht stehenden Erziehung und Bildung der Jugend ist die Entwicklung zur freien Persönlichkeit, die im Geiste der Toleranz bereit ist, Verantwortung für die Gemeinschaft mit anderen Menschen und Völkern und gegenüber künftigen Generationen zu tragen.
( 2 ) Schulen und andere Bildungseinrichtungen haben auf die weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen ihrer Angehörigen Rücksicht zu nehmen.
( 3 ) Ethikunterricht und Religionsunterricht sind an den Schulen mit Ausnahme der bekenntnisgebundenen und bekenntnisfreien Schulen ordentliche Lehrfächer. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.
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Artikel 28
Schulen in freier Trägerschaft

( 1 ) Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft wird gewährleistet. Schulen in freier Trägerschaft als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Landes und unterstehen den Gesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Schulen in freier Trägerschaft in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
( 2 ) Soweit diese Schulen Ersatz für öffentliche Schulen sind, haben sie Anspruch auf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen öffentlichen Zuschüsse. Das Nähere regelt ein Gesetz.
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Artikel 29
Schulaufsicht, Mitwirkung in der Schule

( 1 ) Das gesamte Schul- und Bildungswesen steht unter der Aufsicht des Landes.
( 2 ) Lehrer, Erziehungsberechtigte und Schüler haben das Recht, durch gewählte Vertreter an der Gestaltung des Lebens und der Arbeit in der Schule mitzuwirken.
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Artikel 30
Berufsausbildung, Erwachsenenbildung

( 1 ) Träger von Einrichtungen der Berufsausbildung und der Erwachsenenbildung sind neben dem Land und den Kommunen auch freie Träger.
( 2 ) Das Land sorgt dafür, dass jeder einen Beruf erlernen kann. Die Erwachsenenbildung ist vom Land zu fördern.
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Artikel 31
Hochschulen

( 1 ) Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen sind vom Land in ausreichendem Maße einzurichten, zu unterhalten und zu fördern. Andere Träger sind zulässig.
( 2 ) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze.
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Artikel 32
Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften

( 1 ) Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind vom Staat getrennt. Das Recht, zu öffentlichen Angelegenheiten Stellung zu nehmen, wird gewährleistet.
( 2 ) Sie ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
( 3 ) Die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften unterhaltenen sozialen und karitativen Einrichtungen werden nach Maßgabe der Gesetze als gemeinnützig anerkannt, geschützt und gefördert.
( 4 ) Das Land und die Kirchen sowie ihnen gleichgestellte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften können Fragen von gemeinsamen Belangen durch Vertrag regeln.
( 5 ) Das Verhältnis des Staates zu den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wird im Übrigen durch die Artikel 136,137,138,139 und 141 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 geregelt.
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Artikel 33
Freie Wohlfahrtspflege

Die soziale Tätigkeit der Träger der freien Wohlfahrtspflege und der freien Jugendhilfe wird nach Maßgabe der Gesetze als gemeinnützig anerkannt, geschützt und gefördert.
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Dritter Abschnitt
Staatsziele

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Artikel 34
Gleichstellung von Frauen und Männern

Das Land und die Kommunen sind verpflichtet, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu fördern.
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Artikel 35
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und Tierschutz

( 1 ) Das Land und die Kommunen schützen und pflegen die natürlichen Grundlagen jetzigen und künftigen Lebens. Sie schützen das Klima als Grundlage menschlichen Lebens und wirken einer globalen Erwärmung im Rahmen des Möglichen entgegen. Das Land und die Kommunen wirken darauf hin, daß mit Rohstoffen sparsam umgegangen und Abfall vermieden wird.
( 2 ) Jeder einzelne ist verpflichtet, hierzu nach seinen Kräften beizutragen.
( 3 ) Eingetretene Schäden an der natürlichen Umwelt sollen, soweit dies möglich ist, behoben oder andernfalls ausgeglichen werden.
( 3a ) Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt.
( 4 ) Das Nähere regeln die Gesetze.
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Artikel 35a
Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse

Das Land und die Kommunen fördern gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land.
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Artikel 36
Kunst, Kultur und Sport

( 1 ) Kunst, Kultur und Sport sind durch das Land und die Kommunen zu schützen und zu fördern.
( 2 ) Die heimatbezogenen Einrichtungen und Eigenheiten der einzelnen Regionen innerhalb des Landes sind zu pflegen.
( 3 ) Das Land und die Kommunen fördern im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten die kulturelle Betätigung aller Bürger insbesondere dadurch, dass sie öffentlich zugängliche Museen, Büchereien, Gedenkstätten, Theater, Sportstätten und weitere Einrichtungen unterhalten.
( 4 ) Das Land sorgt, unterstützt von den Kommunen, für den Schutz und die Pflege der Denkmale von Kultur und Natur.
( 5 ) Das Nähere regeln die Gesetze.
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Artikel 37
Kulturelle und ethnische Minderheiten

( 1 ) Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung ethnischer Minderheiten stehen unter dem Schutz des Landes und der Kommunen.
( 2 ) Das Bekenntnis zu einer kulturellen oder ethnischen Minderheit ist frei; es entbindet nicht von den allgemeinen staatsbügerlichen Pflichten.
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Artikel 37a
Nichtverbreitung nationalsozialistischen, rassistischen und antisemitischen Gedankenguts

Die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems sowie rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen.
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Artikel 38
Ältere Menschen, Menschen mit Behinderung

Ältere Menschen und Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Landes. Das Land fördert ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.
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Artikel 39
Arbeit

( 1 ) Allen die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensunterhalt durch eine frei gewählte Arbeit zu verdienen, ist dauernde Aufgabe des Landes und der Kommunen.
( 2 ) Das Land wirkt im Rahmen seiner Zuständigkeit darauf hin, dass sinnvolle und dauerhafte Arbeit für alle geschaffen wird und dabei Belastungen für die natürlichen Lebensgrundlagen vermieden oder vermindert, humanere Arbeitsbedingungen geschaffen und die Selbstentfaltung des Einzelnen gefördert werden.
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Artikel 40
Wohnung

( 1 ) Das Land und die Kommunen haben durch die Unterstützung des Wohnungsbaues, die Erhaltung vorhandenen Wohnraumes und durch andere geeignete Maßnahmen die Bereitstellung ausreichenden, menschenwürdigen Wohnraumes zu angemessenen Bedingungen für alle zu fördern.
( 2 ) Das Land und die Kommunen sorgen dafür, dass niemand obdachlos wird.