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Geltungszeitraum von: 01.11.2001

Geltungszeitraum bis: 02.07.2011

Ordnung der Kammer für Sozialethik der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen

Vom 30. Oktober 2001

(ABl. ELKTh 2002 S. 54)

Der Landeskirchenrat hat gemäß § 82 Absatz 2 Ziffern 2 und 3 der Verfassung in Ausführung des Beschlusses der Landessynode vom 14.11.1998 folgende Ordnung der Kammer für Sozialethik beschlossen:
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Präambel

( 1 ) Die Kirche Jesu Christi ist von dem Glauben bestimmt, dass jeder Mensch ein einmaliges Geschöpf Gottes und darin Gottes Ebenbild ist, das als unverwechselbare Persönlichkeit ein unveräußerliches Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat, und dessen Zukunft über alle menschlichen Möglichkeiten hinaus in Gottes Hand steht. Die Würde und das Lebensrecht eines jeden Menschen sind unantastbar.
( 2 ) Daraus folgt der diakonische Auftrag der Kirche. Diakonie ist eine Wesens- und Lebensäußerung der evangelischen Kirche. Sie ist also unverzichtbar, um das Evangelium von Jesus Christus zu den Menschen zu bringen, mehr noch: um es gemeinsam in seiner versöhnenden, helfenden, heilenden, befreienden, wiederherstellenden und integrativen Kraft zu erfahren. Diakonie hat ihren Grund und Anfang in der bedingungslosen Hinwendung Gottes zu allen Menschen, wie sie Jesus Christus gelebt und uns aufgetragen hat. Zugleich erfüllt Diakonie einen gesellschaftlichen Auftrag zur fachlich qualifizierten Begleitung hilfsbedürftiger Menschen in einer Solidargemeinschaft, in der jeder Mensch in Würde und nach seinen Möglichkeiten selbst bestimmt und selbstständig leben kann.
( 3 ) Dieser diakonische Auftrag der Kirche ist nicht unumstritten. Es werden zunehmend sozialethische Modelle diskutiert, welche die Würde eines jeden Menschen nicht als Gabe Gottes und „Zweck in sich selbst“ anerkennen, sondern sog. gesellschaftlichen Interessen unterzuordnen suchen. Eine kritische und offensive Auseinandersetzung mit solchen Denkweisen und Programmen gehört zu den unaufgebbaren Aufgaben der Kirche. In diesem Zusammenhang hat sich Kirche auch den aus der Bioethik in ihren unterschiedlichen Ausprägungen herrührenden Fragen zu stellen.
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§ 1
Ziel, Aufgaben

( 1 ) Die Kammer für Sozialethik hat das Ziel, dem in der Präambel formulierten diakonischen Auftrag der Kirche in einer pluralistischen Gesellschaft mit evangelisch-sozialethischer Kompetenz zu dienen. Dies geschieht insbesondere durch
  • das rechtzeitige Aufgreifen exemplarischer sozialethischer Fragen,
  • den Dialog zwischen biblisch-theologischen Glaubens- und Handlungsgrundsätzen und humanwissenschaftlichen, ethischen und sozialpolitischen Positionen,
  • die Information von Landeskirchenrat, Landes
    synode, Kreissynoden und Gemeinden sowie von Organen und Mitgliedern des Diakonischen Werkes,
  • die Erarbeitung sozialethischer bzw. sozialpolitischer Handlungsperspektiven in Form von Stellungnahmen und Empfehlungen der Landeskirche,
  • die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen und andere Formen von Öffentlichkeitsarbeit.
( 2 ) Die Arbeit der Kammer erfolgt im Rahmen der kirchlichen Ordnung. Die Kammer ist in ihrer Arbeit dem Landeskirchenrat verantwortlich.
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§ 2
Zusammensetzung, Berufung, Amtsperiode

( 1 ) Die Kammer für Sozialethik besteht aus bis zu 18 Mitgliedern. Ihr gehören an
  1. aus dem Landeskirchenrat der Dezernent oder die Dezernentin für Diakonie und Seelsorge als geborenes Mitglied,
  2. zwei von der Landessynode zu wählende Mitglieder,
  3. ein Mitglied der Synode der EKD,
  4. vier Vertreter oder Vertreterinnen aus dem Diakonischen Werk,
  5. ein Vertreter oder eine Vertreterin der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena,
  6. ein Vertreter oder eine Vertreterin der Evangelischen Akademie Thüringen,
  7. bis zu acht Mitglieder, insbesondere aus den Bereichen Gesundheitswesen, Informatik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Ökologie, Volkswirtschaft, Recht, Soziologie.
( 2 ) Die Mitglieder gemäß Ziffer 3 und 7 werden vom Landeskirchenrat berufen; die Mitglieder gemäß Ziffer 4 werden auf Vorschlag des Diakonischen Werkes in Abstimmung mit seinen Fachverbänden vom Landeskirchenrat berufen; das Mitglied gemäß Ziffer 5 wird im Einvernehmen mit der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom Landeskirchenrat berufen; das Mitglied gemäß Ziffer 6 wird im Einvernehmen mit der Evangelischen Akademie Thüringen vom Landeskirchenrat berufen.
( 3 ) Die Amtszeit der gewählten und berufenen Mitglieder beträgt vier Jahre.
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§ 3
Vorsitz, Geschäftsführung

( 1 ) Die Kammer für Sozialethik wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende, einen stellvertretenden Vorsitzenden oder eine stellvertretende Vorsitzende und einen geschäftsführenden Sekretär oder eine geschäftsführende Sekretärin für die Dauer einer Amtszeit.
( 2 ) Dem Vorsitz obliegt
  • die Vorbereitung der Sitzungen gemeinsam mit dem Sekretär oder der Sekretärin,
  • die Leitung der Sitzungen,
  • die Vertretung der Kammer gegenüber kirchlichen Organen,
  • die Vertretung der Kammer in Abstimmung mit dem Dezernenten oder der Dezernentin für Diakonie und Seelsorge gegenüber der Öffentlichkeit.
( 3 ) Der geschäftsführende Sekretär oder die Sekretärin führt die laufenden Geschäfte und vertritt die Kammer – in Abstimmung mit dem Vorsitzenden oder der Vorsitzenden – in der Fachöffentlichkeit.
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§ 4
Beauftragung, Berichterstattung

( 1 ) Die Kammer für Sozialethik erhält Arbeitsaufträge vom Landeskirchenrat.
( 2 ) Die Kammer kann sich darüber hinaus selbst Aufgaben stellen.
( 3 ) Sie erstellt regelmäßig Berichte über ihre Arbeit.
( 4 ) Sie leitet ihre Arbeitsergebnisse dem Landeskirchenrat zu, der sie für die Öffentlichkeit freigibt.
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§ 5
Arbeitsweise

( 1 ) Die Kammer für Sozialethik tagt bei Bedarf, in der Regel einmal im Vierteljahr. Sie muss einberufen werden, wenn dies der Vorsitzende oder der Dezernent für Diakonie und Seelsorge oder mindestens fünf Mitglieder beantragen.
( 2 ) Die Kammer wird durch den Vorsitzenden schriftlich unter Beifügung der Tagesordnung, in der Regel 14 Tage vor dem Sitzungstermin, einberufen. Diese Frist kann in besonderen Fällen verkürzt werden.
( 3 ) Die Kammer ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Beschlüsse werden mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder getroffen.
( 4 ) Von jeder Sitzung wird durch den Sekretär ein Protokoll angefertigt, das vom Vorsitzenden und vom Schriftführer unterzeichnet wird und innerhalb von 14 Tagen an die Mitglieder zu versenden ist. Widerspricht kein Mitglied innerhalb von 14 Tagen, so gilt das Protokoll als genehmigt.
( 5 ) Die Kammer bildet im Bedarfsfall Ausschüsse und kann weitere Sachverständige hinzuziehen.
( 6 ) Die Kammer kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Bestätigung durch den Landeskirchenrat.
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§ 6
Änderung der Ordnung

Diese Ordnung kann auf Vorschlag oder nach Anhörung der Kammer für Sozialethik vom Landeskirchenrat abgeändert werden.
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§ 7
Schlussbestimmung

Diese Ordnung tritt mit Wirkung vom 1. November 2001 in Kraft.