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Thüringer Sammlungsgesetz
(ThürSammlG)

Vom 8. Juni 1995 (GVBl. S. 197), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 8. Juli 2009

(GVBl. S. 592)

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§ 1
Erlaubnisbedürftige Sammlungen

( 1 ) Wer eine Sammlung von Geld- oder Sachspenden oder Spenden geldwerter Leistungen durch unmittelbares Einwirken von Person zu Person
  1. auf Straßen oder Plätzen, in Gastwirtschaften, Schankwirtschaften oder in anderen jedermann zugänglichen Räumen (Straßensammlungen),
  2. von Haus zu Haus, insbesondere durch Vorlage von Sammellisten (Haussammlungen), veranstalten will, bedarf hierzu der Erlaubnis.
( 2 ) Als erlaubnisbedürftige Sammlungen gelten auch
  1. der Vertrieb von Waren oder das Anbieten von Dienstleistungen in den Formen des Absatzes 1, wenn dabei durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Verwendung des Erlöses, auf die Gemeinnützigkeit des Veranstalters oder in sonstiger Weise beim Käufer oder beim Empfänger der Eindruck erweckt werden kann, daß er durch die Leistung des Entgelts gemeinnützige oder mildtätige Zwecke fördere,
  2. der Verkauf von Eintrittskarten für öffentliche künstlerische Veranstaltungen, die mit dem Hinweis darauf veranstaltet werden, daß ein blinder oder mehrere blinde Künstler mitwirken.
( 3 ) Keiner Erlaubnis bedürfen
  1. Haussammlungen, die eine Vereinigung unter ihren Mitgliedern oder ein sonstiger Veranstalter innerhalb eines mit ihm durch persönliche Beziehungen verbundenen Personenkreises durchführt,
  2. Sammlungen, die in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer Versammlung oder einer sonstigen Veranstaltung in geschlossenen Räumen oder auf abgegrenzten Grundstücksflächen unter den Teilnehmern der Veranstaltung durchgeführt werden.
( 4 ) Das Verfahren nach Absatz 2 kann über eine einheitliche Stelle im Sinne des Thüringer ES-Errichtungsgesetzes abgewickelt werden. Es gelten die Bestimmungen zum Verfahren über die einheitliche Stelle nach den §§ 71 a bis 71 e des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG) sowie über die Genehmigungsfiktion nach § 42 a ThürVwVfG.
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§ 2
Voraussetzungen für die Erteilung der Sammlungserlaubnis

( 1 ) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn
  1. keine Gefahr besteht, dass durch die Sammlung oder durch die Verwendung des Sammlungsertrags die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird,
  2. gewährleistet ist, dass die Sammlung ordnungsgemäß durchgeführt und der Ertrag der Sammlung ihrem Zweck entsprechend verwendet wird,
  3. nicht zu befürchten ist, dass die Unkosten der Sammlung in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem Reinertrag der Sammlung stehen werden, und
  4. im Falle des § 1 Abs. 2 gewährleistet ist, dass mindestens ein Viertel des Verkaufspreises oder des Entgelts für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verbleibt.
( 2 ) Die Erlaubnis kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller
  1. einen anderen Zweck für den Fall angibt, dass der angegebene Sammlungszweck nur mit einem bestimmten Mindesterfolg verwirklicht werden kann und zweifelhaft ist, ob der benötigte Sammlungsertrag erreicht wird, oder
  2. einen weiteren Zweck für den Fall angibt, dass die Sammlung mehr einbringen sollte, als für den angegebenen Zweck benötigt wird.
( 3 ) Die Erlaubnis soll versagt werden, wenn die gleichzeitige Durchführung mehrerer Sammlungen in demselben Gebiet voraussichtlich zu einer erheblichen Belästigung der Bevölkerung führen würde.
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§ 3
Form und Inhalt der Erlaubnis

( 1 ) Die Erlaubnis ist schriftlich für einen bestimmten Zeitraum, höchstens aber für einen Monat, und für einen bestimmten Sammlungszweck zu erteilen. Für Sammlungen nach § 1 Abs. 2 kann sie für einen längeren Zeitraum erteilt werden. Die Erlaubnis hat das Gebiet, in dem gesammelt werden darf, und die Art der Sammlung (§ 1 Abs. 1 und 2) anzugeben.
( 2 ) Die Erlaubnis kann unter Auflagen erteilt werden, die sich insbesondere auf die Art und Weise der Sammlung und ihre Überwachung, auf die Verwendung des Sammlungsertrags (§ 2 Abs. 2), die Höhe der Unkosten, den Schutz minderjähriger Sammler und auf die Prüfung der Abrechnung beziehen. Besteht die Möglichkeit, dass der Sammlungsträger aufgrund seines Namens oder der Art und Weise seines Auftretens mit anderen möglichen Sammlungsträgern in der Öffentlichkeit verwechselt werden könnte, soll dem durch der Klarstellung dienende Auflagen vorgebeugt werden.
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§ 4
Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis

Wird die Erlaubnis nach Beginn der Sammlung zurückgenommen oder widerrufen (§§ 48 oder 49 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes), so bestimmt die Erlaubnisbehörde, für welchen Zweck der Ertrag zu verwenden ist. Der mutmaßliche Wille der Spender ist zu berücksichtigen.
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§ 5
Pflichten des Veranstalters

Der Veranstalter hat der Erlaubnisbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle innerhalb einer von der Erlaubnisbehörde festgesetzten Frist
  1. eine Abrechnung über das Ergebnis der Sammlung, die entstandenen Sammlungsunkosten und die Verwendung des Ertrags vorzulegen,
  2. auf Anforderung die zur Überwachung und Prüfung der Sammlung erforderlichen Auskünfte zu geben sowie die zur Prüfung der Abrechnung einschließlich der Verwendung des Sammlungsertrags erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
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§ 6
Sammlungsertrag und Änderung des Sammlungszwecks

( 1 ) Als Sammlungsertrag gelten auch die aus ihm beschafften oder hergestellten Gegenstände sowie die aus ihm gezogenen Nutzungen.
( 2 ) Der Sammlungsertrag darf nur mit Genehmigung der Erlaubnisbehörde ganz oder teilweise für einen anderen als den in der Erlaubnis angegebenen Sammlungszweck verwendet werden. Der mutmaßliche Wille der Spender ist zu berücksichtigen.
( 3 ) Stellt sich nachträglich heraus, dass der vorgesehene Sammlungszweck nicht zu verwirklichen ist, und ist der Veranstalter nicht bereit oder nicht in der Lage, einen anderen Sammlungszweck vorzuschlagen, so ist der Sammlungsertrag einem von der Erlaubnisbehörde bestimmten Zweck zuzuführen. Der mutmaßliche Wille der Spender ist zu berücksichtigen.
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§ 7
Treuhänder

( 1 ) Die Erlaubnisbehörde kann einen Treuhänder für die Verwaltung des Sammlungsertrags bestellen, wenn
  1. die Sammlung ohne die erforderliche Erlaubnis veranstaltet wird,
  2. die Erlaubnis nach Beginn der Sammlung zurückgenommen oder widerrufen wird,
  3. sich bei der Durchführung und Abwicklung der Sammlung Missstände zeigen, die eine zweckentsprechende Verwendung des Sammlungsertrags gefährden und sich nicht auf andere Weise beseitigen lassen.
( 2 ) Der Treuhänder übt das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Sammlungsertrag zum Zwecke seiner bestimmungsgemäßen Verwendung aus. Er führt die Geschäfte unter Aufsicht der Erlaubnisbehörde und hat die Pflichten des Veranstalters zu erfüllen. Er ist berechtigt, den Sammlungsertrag sowie die Sammlungsunterlagen in Besitz zu nehmen, zu verwalten sowie darüber zu verfügen. Der Veranstalter verliert die Befugnis, über den Sammlungsertrag zu verfügen. Der Veranstalter ist verpflichtet, dem Treuhänder die zur Führung der Geschäfte erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
( 3 ) Der Treuhänder ist befugt, zu den in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Zwecken die Geschäftsräume des Veranstalters zu betreten. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes; Artikel 8 der Verfassung des Freistaats Thüringen) wird insoweit eingeschränkt.
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§ 8
Mitwirkung von Minderjährigen

( 1 ) Kinder unter 14 Jahren dürfen zum Sammeln nicht herangezogen werden.
( 2 ) Jugendliche vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr dürfen nur bei Straßensammlungen und nur bis zum Eintritt der Dunkelheit eingesetzt werden.
( 3 ) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die nichterlaubnisbedürftigen Sammlungen nach § 1 Abs. 3.
( 4 ) Abweichend von den Absätzen 2 und 3 kann die Erlaubnisbehörde in begründeten Einzelfällen und wenn die Gefährdung der Jugendlichen nicht zu befürchten ist, zulassen, dass diese jeweils mindestens zu zweit
  1. auch nach Eintritt der Dunkelheit bei Straßensammlungen oder
  2. auch bei Haussammlungen, jedoch nur bis zum Eintritt der Dunkelheit, eingesetzt werden.
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§ 9
Überwachung nichterlaubnisbedürftiger Sammlungen

( 1 ) Wer Sammlungen von Geld- oder Sachspenden oder geldwerten Leistungen durch Spendenbriefe, durch öffentliche Aufrufe, durch Aufstellen von Sammelbehältern oder in der Form der persönlichen Mitgliederwerbung veranstaltet oder veranstalten will, hat der zuständigen Behörde auf Verlangen die Auskünfte zu geben und die Unterlagen vorzulegen, die diese zur Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der Sammlung und zur Prüfung der zweckentsprechenden, einwandfreien Verwendung des Sammlungsertrags nach pflichtgemäßem Ermessen für nötig hält. Die zuständige Behörde kann dem Veranstalter in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 2 und des § 3 Abs. 2 Auflagen erteilen und die Durchführung oder Fortsetzung der Sammlung von ihrer fristgerechten Erfüllung abhängig machen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Sammlungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, soweit sie nicht in den Formen des § 1 Abs. 1 durchgeführt werden und daher nicht erlaubnisbedürftig sind.
( 2 ) Sammlungen durch Spendenbriefe sind der zuständigen Behörde vor Beginn der Sammlung anzuzeigen. Dies gilt auch für solche Veranstalter, die bereits in einem anderen Bundesland ihrer dortigen Anzeigepflicht nachgekommen sind oder eine entsprechende Erlaubnis erhalten haben.
Die zuständige Behörde kann die Durchführung von Sammlungen nach Absatz 1 oder ihre Fortsetzung verbieten,
  1. wenn die Gefahr besteht, dass durch die Sammlung oder durch die Verwendung des Sammlungsertrags die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird,
    wenn keine genügende Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung oder 2. die zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrags gegeben ist oder
  2. wenn zu befürchten ist, dass die Unkosten der Sammlung in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem Reinertrag der Sammlung stehen werden.
( 4 ) Die zuständige Behörde kann den Veranstalter verpflichten, zukünftige Sammlungen spätestens einen Monat vor dem Beginn der Sammlung unter Angabe von Art, Zweck und Zeitraum der Sammlung anzuzeigen, wenn er einer ihm nach Absatz 1 Satz 2 erteilten Auflage innerhalb der dafür gesetzten Frist nicht nachgekommen ist oder wenn eine von ihm veranstaltete Sammlung nach Absatz 3 verboten worden ist.
( 5 ) Hinsichtlich des Ertrages einer Sammlung in der Form des Absatzes 1 sind § 6 Abs. 2 und 3 und § 7 entsprechend anwendbar.
( 6 ) Sammlungen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 sind von den Bestimmungen der Absätze 1 bis 5 ausgenommen.
( 7 ) Zuständige Behörde ist die Erlaubnisbehörde (§ 12).
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§ 10
Ordnungswidrigkeiten

( 1 ) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
  1. der zuständigen Behörde gegenüber unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  2. entgegen § 1 Abs. 1 und 2 eine erlaubnisbedürftige Sammlung ohne Erlaubnis oder in anderer als der erlaubten Art veranstaltet,
  3. entgegen § 9 Abs. 2 eine anzeigepflichtige Sammlung ohne Anzeige veranstaltet,
  4. entgegen § 9 Abs. 3 eine Sammlung trotz Verbots durchführt,
  5. einer Auflage nach § 3 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt,
  6. den Sammlungsertrag einem anderen als dem vorgesehenen oder dem von der zuständigen Behörde bestimmten Zweck zuführt,
  7. der Vorlage oder Auskunftspflicht nach § 5, § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 3 nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist nachkommt,
  8. dem nach § 7 oder § 9 Abs. 5 bestellten Treuhänder den Sammlungsertrag oder einen Teil davon vorenthält, entzieht oder darüber verfügt,
  9. einen Minderjährigen entgegen § 8 zu einer Sammlung heranzieht,
  10. der ihm nach § 9 Abs. 4 auferlegten Verpflichtung zur Anzeige eines Sammlungsvorhabens nicht nachkommt.
( 2 ) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden.
( 3 ) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist die Erlaubnisbehörde (§ 12).
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§ 11
Einziehung

Der Sammlungsertrag einer nicht erlaubten oder nach § 9 Abs. 3 verbotenen Sammlung und die damit beschafften Gegenstände können eingezogen werden. § 23 OWiG ist anzuwenden. Der eingezogene Sammlungsertrag und die eingezogenen Gegenstände sind einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen. Dabei ist dem mutmaßlichen Willen der Spender nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.
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§ 12
Erlaubnisbehörde

Erlaubnisbehörde ist
  1. das Landesverwaltungsamt für Sammlungen, die sich über den Bereich eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt hinaus erstrecken,
  2. das Landratsamt als untere staatliche Verwaltungsbehörde für Sammlungen, die sich über den Bereich einer kreisangehörigen Gemeinde hinaus erstrecken,
  3. im Übrigen die Gemeinde.
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§ 13
Sammlungen der Kirchen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften

Das Gesetz ist nicht auf Sammlungen anzuwenden, die von Kirchen, Religionsgesellschaften und weltanschaulichen Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und ihren Gliederungen
  1. auf ihnen gehörenden Grundstücken, in Kirchen oder sonstigen dem Gottesdienst oder der Pflege der Weltanschauung dienenden Räumen,
  2. in örtlichem Zusammenhang mit kirchlichen, anderen religiösen oder der Pflege der Weltanschauung dienenden Veranstaltungen oder
  3. in Form von Haussammlungen und Sammlungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 bei ihren Angehörigen durchgeführt werden; unberührt hiervon bleibt in den Fällen der Nummern 2 und 3 die Anwendbarkeit des § 8 sowie des § 10 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 und 3.
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§ 14
Übergangsbestimmung

Eine vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilte Erlaubnis gilt fort.
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§ 15
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Sammlungs- und Lotterieverordnung vom 18. Februar 1965 GBl. II Nr. 32 S. 238), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. August 1990 (GBl. I Nr. 56 S. 1261), insoweit außer Kraft, als sie Sammlungen betrifft.