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Ordnung für den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland

Vom 20. August 2010 (ABl. S. 272),
zuletzt geändert am 10. Januar 2023 (ABl. S. 55).

Änderungen

Lfd. Nr.
Änderndes Recht
Datum
Fundstelle
ABl. EKM
Geänderte
Paragrafen
Art der
Änderung
1
Änderung der Richtlinie zur Erstellung von Dienstanweisungen und Berechnung des Beschäftigungsumfangs für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und Neufassung des Berechnungsbogens zur Bestimmung des Beschäftigungsumfangs
12.12.2017
Anlage: Nr. 2.9.3
Anlage: Nrn. 4; 5.1; 5.6
hinzugefügt
neu gefasst
2
Änderung der Richtlinie zur Erstellung von Dienstanweisungen und Berechnung des Beschäftigungsumfangs für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
10.01.2023
Anlage: Nrn. 2.9.3.; 5.1.; 5.6
geändert
Der Landeskirchenrat der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat aufgrund von § 13 Absatz 1 des Kirchenmusikgesetzes vom 21. November 2009 (ABl. S. 295) folgende Ordnung für den kirchenmusikalischen Dienst erlassen:
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Präambel

Als Teil des Verkündigungsdienstes der Kirche hat die Kirchenmusik ihren besonderen Platz im gottesdienstlichen Leben und leistet in ihren vielfältigen Arbeitsformen einen Beitrag zum Gemeindeaufbau, zum missionarischen Handeln und zur Bildung innerhalb und außerhalb der Kirche. Im Singen und Musizieren geschieht Zuwendung zu Gott. Dem christlichen Glauben erschließen sich in besonderer Weise spezifische Ausdruckformen: Klage und Zweifel, Anfrage und Bitte, Gewissheit und Dank, Freude, Lob, Anbetung und Jubel. Gemeinsames Singen und Musizieren verbindet. Die Musik schafft Gemeinschaft zwischen denen, die singen und spielen, und denen, die hören. Die christliche Gemeinde ist eine singende und musizierende Gemeinde. Mit der Kirchenmusik werden sowohl wichtige Traditionen christlichen Glaubenslebens fortgeführt als auch neue Ausdrucksformen des Glaubens erschlossen. Kirchenmusik hat eine wohltuende und eine herausfordernde Bedeutung für die, die sie hören, wie für die, die sie ausüben.
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Abschnitt 1:
Die kirchenmusikalische Tätigkeit der Kirchenmusiker

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§ 1
Allgemeine Bestimmungen

( 1 ) Die Rahmenbedingungen des kirchenmusikalischen Dienstes und die Aufgaben, Pflichten und Rechte der Kirchenmusiker werden insbesondere im Kirchenmusikgesetz mit Ausführungsverordnung, in dieser Ordnung sowie in der Kirchlichen Arbeitsvertragsordnung und den dazugehörigen Nebenbestimmungen geregelt.
( 2 ) Die Leistung der Kirchenmusiker soll hohen künstlerischen und praktisch-theologischen, insbesondere liturgischen Ansprüchen genügen. Die Arbeit mit Chören und Instrumentalgruppen, die Förderung des Gemeindegesangs und die Ausbildung Ehrenamtlicher erfolgt in pädagogischer Verantwortung.
( 3 ) Die kirchenmusikalische Praxis soll den Reichtum kirchenmusikalischer Tradition und zeitgenössische Musikstile berücksichtigen.
( 4 ) Diese Ordnung gilt für hauptberufliche Kirchenmusiker. Für nebenberufliche und ehrenamtliche Kirchenmusiker sind die §§ 2, 4, 5, 6 Absatz 3, 7 und 11 entsprechend anzuwenden.
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§ 2
Gottesdienste und Amtshandlungen

( 1 ) Der Kirchenmusiker hat im Rahmen der geltenden Dienstanweisung das Recht und die Pflicht zur Ausübung seines Dienstes bei allen Gottesdiensten und Amtshandlungen in seinem Zuständigkeitsbereich.
( 2 ) Für die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten und Amtshandlungen sind das Evangelische Gesangbuch und das Evangelische Gottesdienstbuch maßgebend.
( 3 ) Der Kirchenmusiker und die weiteren für den Gottesdienst Verantwortlichen stellen über die Gestaltung des Gottesdienstes einschließlich der Liedauswahl rechtzeitig, in der Regel mindestens drei Tage vorher, Einvernehmen her. Gottesdienste mit besonderer musikalischer Ausgestaltung sollen frühzeitig gemeinsam geplant und vorbereitet werden.
( 4 ) Sollen Dritte im Gottesdienst oder bei gottesdienstlichen Handlungen musikalisch mitwirken, ist das Einvernehmen mit dem zuständigen Kirchenmusiker herzustellen.
( 5 ) Ist in den Fällen der Absätze 3 und 4 zwischen den am Gottesdienst verantwortlich Beteiligten wiederholt kein Einvernehmen zu erzielen, so ist die Angelegenheit dem Gemeindekirchenrat und gegebenenfalls dem Anstellungsträger des Kirchenmusikers vorzulegen. Der Kirchenmusiker sowie die Fachaufsicht sind in den Beratungsprozess einzubeziehen.
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§ 3
Kirchenmusikalische Veranstaltungen

( 1 ) Der Kirchenmusiker hat neben der Ausgestaltung von Gottesdiensten und Amtshandlungen die Aufgabe, regelmäßig kirchenmusikalische Veranstaltungen zu organisieren. Diese sind Veranstaltungen der Kirchengemeinde beziehungsweise des Anstellungsträgers.
( 2 ) Der Kirchenmusiker informiert den Anstellungsträger und die Gemeindekirchenräte rechtzeitig über die kirchenmusikalischen Vorhaben, in der Regel in Form einer Jahresplanung. Die Jahresplanung bedarf der Bestätigung durch den jeweils zuständigen Gemeindekirchenrat.
( 3 ) Musikalische Veranstaltungen in der Kirchengemeinde, die nicht vom zuständigen Kirchenmusiker verantwortet werden, bedürfen der rechtzeitigen und einvernehmlichen Absprache mit dem Kirchenmusiker. Ist ein Einvernehmen nicht zu erzielen, entscheidet der Gemeindekirchenrat abschließend.
( 4 ) Treten bei der Planung musikalischer Veranstaltungen der Kirchengemeinde Probleme auf, soll die kirchenmusikalische Fachaufsicht zur Beratung hinzugezogen werden.
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§ 4
Organistendienst

( 1 ) Als Organist hat der Kirchenmusiker liturgische und künstlerische Aufgaben. Dazu zählen die Begleitung des Gemeindegesangs, die Improvisation sowie die Interpretation von Werken der Orgelliteratur aus Geschichte und Gegenwart.
( 2 ) Das regelmäßige Üben an Instrumenten gilt als dienstliche Tätigkeit.
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§ 5
Kantorendienst

( 1 ) Der Kirchenmusiker fördert das Singen in den Kirchengemeinden.
( 2 ) Der Kirchenmusiker soll entsprechend den örtlichen Möglichkeiten Chöre und Instrumentalkreise bilden und leiten und diese an gottesdienstliche und konzertante Aufgaben heranführen. Ihm obliegt auch die Entscheidung über die Zugehörigkeit von Personen zu den Chören und Instrumentalgruppen, die unter seiner Leitung stehen.
( 3 ) Der Kirchenmusiker sorgt für den Kontakt und die Zusammenarbeit mit dem Kirchenchorwerk und dem Posaunenwerk.
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Abschnitt 2:
Weitere Dienstpflichten der Kirchenmusiker

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§ 6
Weitere Dienstpflichten und übergemeindliche Aufgaben

( 1 ) Vollzeitbeschäftigte Kirchenmusiker sind verpflichtet, an den Kirchenmusikerkonventen auf Kirchenkreis-, Propstei- oder Landeskirchenebene teilzunehmen; teilzeitbeschäftigte Kirchenmusiker können durch Dienstanweisung teilweise von der Pflicht zur Teilnahme entbunden werden. Die Teilnahme gilt als dienstliche Tätigkeit. Die Teilnahme an anderen Mitarbeiterkonventen richtet sich nach den Festlegungen der Kirchenkreise und wird durch Dienstanweisung geregelt. Bei der Erstellung der Dienstanweisung sind die hierfür vorgegebenen Richtwerte zu beachten.
( 2 ) Kirchenmusiker sollen im Rahmen ihres Dienstes gemäß § 3 Absatz 1 Kirchenmusikgesetz auch übergeordnete Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehören zum Beispiel
  • die Mitarbeit im Kirchenchorwerk, im Posaunenwerk, in besonderen Arbeitsgruppen und bei Sing- und Instrumentalwochen,
  • die Förderung von nicht beruflich ausgebildeten Kirchenmusikern und von Nachwuchskräften.
Hierzu notwendige Entlastung von regelmäßigen Diensten ist zu gewähren.
( 3 ) Die Kirchenmusiker sind verpflichtet, die von den kirchlichen Körperschaften aufgrund von Verträgen mit Verwertungsgesellschaften beizubringenden Unterlagen vollständig zusammenzustellen und für die ordnungsgemäße Weitergabe zu sorgen.
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§ 7
Fortbildung

( 1 ) Kirchenmusiker sind berechtigt und verpflichtet, sich fachlich fortzubilden.
( 2 ) Der Anstellungsträger gewährleistet die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen. Im Übrigen gilt die Fortbildungsverordnung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland in ihrer jeweiligen Fassung.
( 3 ) Zur Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen ist das Votum des Kreiskantors; zur Teilnahme des Kreiskantors an Fortbildungsmaßnahmen das Votum der landeskirchlichen Fachaufsicht einzuholen.
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§ 8
Instrumentennutzung und -pflege, Noten

( 1 ) Kirchenmusikern und ihren Vertretern stehen die in ihrem Zuständigkeitsbereich vorhandenen kircheneigenen Musikinstrumente sowie das vorhandene Notenmaterial für den Dienst sowie für Übungszwecke grundsätzlich uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung. Dies gilt auch für die Ausbildung von Nachwuchskräften.
( 2 ) Die Kirchenmusiker sind für den sorgfältigen Umgang mit den vorhandenen Musikinstrumenten verantwortlich und haben für deren pflegliche Behandlung Sorge zu tragen, kleinere Schäden nach Möglichkeit selbst zu beheben und größere Schäden unverzüglich dem Eigentümer zu melden. Sie achten insbesondere darauf, dass die landeskirchlichen Regelungen zur Orgelpflege eingehalten werden. Zur Dokumentation von Schäden und Störungen an der Orgel sowie deren Behebung ist ein Wartungsheft zu führen.
( 3 ) Dritte dürfen kircheneigene Musikinstrumente nur mit Zustimmung des zuständigen Kirchenmusikers benutzen.
( 4 ) Die Erteilung von privatem Unterricht an kircheneigenen Musikinstrumenten bedarf der vorherigen Zustimmung des Eigentümers.
( 5 ) Die Kirchenmusiker sind für die ordnungsgemäße Inventarisierung und Verwaltung des kircheneigenen Notenmaterials verantwortlich.
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Abschnitt 3:
Rahmenbedingungen für die Tätigkeit

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§ 9
Dienstanweisung

( 1 ) Nähere Bestimmungen für den Dienst des Kirchenmusikers sind in einer Dienstanweisung zu regeln. Diese soll insbesondere Regelungen enthalten über
  1. die Anzahl der regelmäßigen Dienste des Kirchenmusikers bei Gottesdiensten und Amtshandlungen,
  2. Art und Anzahl sonstiger musikalischer Veranstaltungen im Verantwortungsbereich,
  3. Art und Anzahl der zu leitenden oder aufzubauenden Chöre und Instrumentalgruppen,
  4. die Ausbildungsverpflichtungen des Kirchenmusikers,
  5. eventuelle zusätzliche Leistungen und Dienste,
  6. die freien Tage (§ 10 Absatz 2).
Näheres zur Erstellung von Dienstanweisungen für Kirchenmusiker wird durch Richtlinie des Landeskirchenamtes geregelt.
( 2 ) Der Anstellungsträger beschließt die Dienstanweisung im Benehmen mit dem zuständigen Gemeindekirchenrat. Sind mehrere Kirchengemeinden beteiligt, können diese auch eine Vereinbarung über die Aufteilung der Stellenanteile und der Sachkosten schließen.
( 3 ) Die Dienstanweisung eines Kirchenmusikers bedarf des Einvernehmens des Kreiskantors, die Dienstanweisung eines Kreiskantors bedarf des Einvernehmens der landeskirchlichen Fachaufsicht. Bei B-Kirchenmusikerstellen mit einem Beschäftigungsumfang von mehr als 50 Prozent einer vollen Stelle ist der Propsteikantor, bei A-Kirchenmusikerstellen in der Regel der Landeskirchenmusikdirektor einzubeziehen.
( 4 ) Die Dienstanweisung soll alle zwei Jahre überprüft werden; dabei sind veränderte rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
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§ 10
Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen

( 1 ) Für die Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Kirchenmusikern sind die landeskirchlichen Richtlinien zur Berechnung des Beschäftigungsumfangs für Kirchenmusiker in der jeweils geltenden Fassung maßgebend.
( 2 ) Hinsichtlich der Arbeitszeit wird auf die Regelungen der kirchlichen Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen. Die Dienstanweisung soll Grundsätze zur Lage der Arbeitszeit enthalten.
( 3 ) Kirchenmusiker sind nicht verpflichtet, die Vorbereitung ihrer Dienste in den Räumlichkeiten ihres Anstellungsträgers oder anderer in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Körperschaften vorzunehmen.
( 4 ) In den kirchlichen Festzeiten sollen Kirchenmusiker keinen Urlaub nehmen. Über Ausnahmen entscheidet der Anstellungsträger im Benehmen mit der Fachaufsicht.
( 5 ) Bei der Organisation von Vertretungsdiensten für Zeiten planbarer Abwesenheit soll der Kirchenmusiker mitwirken. Die Kosten der Vertretung trägt der Anstellungsträger oder die für den einzelnen Dienst zuständige Körperschaft.
( 6 ) Ist eine Stelle nicht als Vollzeitstelle ausgewiesen, so muss dem Kirchenmusiker die Möglichkeit gegeben werden, einer weiteren beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Hierauf ist bei der Verteilung von Dienstzeiten Rücksicht zu nehmen.
( 7 ) Der Kirchenmusiker gestaltet seinen Dienst unter Berücksichtigung des vereinbarten Stellenumfangs und im Rahmen seiner dienstlichen Verpflichtungen eigenverantwortlich.
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§ 11
Stellenausstattung, Arbeitsmittel, Auslagenerstattung

( 1 ) Die Kirchengemeinden stellen in ihren Haushaltsplänen angemessene Mittel für die kirchenmusikalische Arbeit bereit.
( 2 ) Die für die kirchenmusikalische Arbeit erforderlichen und geeigneten Räume sind durch die hierfür Verantwortlichen kostenlos zur Verfügung zu stellen.
( 3 ) Die Kirchengemeinden und der Anstellungsträger unterstützen den Kirchenmusiker bei der Verwaltungsarbeit. Das betrifft insbesondere die Nutzung von Bürotechnik und die Entlastung bei Schreibarbeiten. Hauptberuflichen Kirchenmusikern kann ein geeigneter Büroraum zur Verfügung gestellt werden.
( 4 ) Im Rahmen der geltenden landeskirchlichen Bestimmungen hat der Kirchenmusiker Anspruch auf Erstattung der aus der dienstlichen Tätigkeit entstandenen Auslagen.
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§ 12
Nebentätigkeit

Nebentätigkeiten gegen Entgelt sind beim Anstellungsträger rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen. Der Anstellungsträger kann die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflicht des Kirchenmusikers oder das berechtigte Interesse der Anstellungsträgers zu beeinträchtigen.
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Abschnitt 4:
Schlussbestimmungen

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§ 13
Sprachregelung

Die in dieser Ordnung verwendeten Personen-, Funktions- und Amtsbezeichnungen gelten für Frauen und Männer in gleicher Weise.
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§ 14
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Ordnung tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2010 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Ordnung für den kirchenmusikalischen Dienst vom 24. Juni 1997 (ABl. ELKTh S. 222),
  2. die Ordnung des Dienstes für hauptberufliche Kirchenmusiker in der Kirchenprovinz Sachsen vom 1. Februar 1975 (ABl. EKKPS S. 34).
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Anlage

Richtlinie zur Erstellung von Dienstanweisungen und Berechnung des Beschäftigungsumfangs für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland

Vom 14. September 2010 (ABl. S. 275).
Das Kollegium des Landeskirchenamtes hat aufgrund von § 9 Absatz 1 der Ordnung für den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland vom 20. August 2010 (ABl. S 272) die folgende Richtlinie erlassen. Sie tritt mit der Ordnung am 1. Oktober 2010 in Kraft.
1. Vorbemerkung
1.1.
Die Arbeit einer Kirchenmusikerin oder eines Kirchenmusikers geschieht im Wesentlichen in folgenden Bereichen:
1.1.1.
Bereich Verkündigung: Gottesdienste und Kasualien, Sondergottesdienste, kirchenmusikalisch geprägte Gottesdienste, Beratung in musikalischen und liturgischen Fragen des Verkündigungsdienstes
1.1.2.
Künstlerischer Bereich: Konzerte und andere kirchenmusikalische Veranstaltungen, Kreativarbeit, Üben und eigene Fortbildung
1.1.3.
Pädagogisch-kommunikativer Bereich: Arbeit mit Chören und Ensembles, Ausbildung und Anleitung Neben- und Ehrenamtlicher, Förderung des Gemeindesingens, Mitwirkung am Gemeindeaufbau, gegebenenfalls Arbeit als Kreiskantorin/Kreiskantor oder Propsteikantorin/Propsteikantor
1.1.4.
Bereich Organisation: Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Management, Sitzungen, Beratungen, Konvente
1.2.
In jeder dieser „Kernkompetenzen“ wird eine hohe Qualität erwartet, der dafür erforderliche Zeitaufwand und Freiraum kann jedoch von Nicht-Kirchenmusikern oft nicht ausreichend eingeschätzt werden. Die unter 4. genannten Stundenvorgaben für die einzelnen kirchenmusikalischen Dienste sollen eine sachgemäße Erstellung von Stellenbeschreibungen und Dienstanweisungen erleichtern und zur Klärung in Konfliktfällen beitragen. Sie wurden von der Kammer für Kirchenmusik der EKM erarbeitet, unter Berücksichtigung von Erfahrungen mit bisherigen Regelungen in den früheren Teilkirchen der EKM sowie von Berechnungsmodellen in anderen Landeskirchen und auf EKD-Ebene.
2. Grundsätzliches
2.1.
Voraussetzung für die Erarbeitung einer Stellenbeschreibung und der daraus resultierenden Dienstanweisung ist ein Gesamtkonzept der kirchenmusikalischen Arbeit im Kirchenkreis.
2.1.1.
Dabei sind zum Beispiel folgende Fragen zu bedenken:
2.1.1.1
Was besteht an kirchenmusikalischer Arbeit, was soll fortgesetzt beziehungsweise weiterentwickelt werden?
2.1.1.2
Was wollen wir mit Kirchenmusik in den Kirchengemeinden erreichen?
2.1.1.3
Wie nutzen wir hierfür die besonderen Fähigkeiten und Begabungen der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker?
2.1.1.4
Was muss von den Stelleninhabern und was ehren- oder nebenamtlich geleistet werden?
2.1.1.5
Welche Kirchengemeinden sollen Zentren für welche Form kirchenmusikalischer Arbeit sein?
2.1.2.
Aus dem Gesamtkonzept leitet sich für jede Kirchenmusikerstelle ein spezifisches Profil ab, das entsprechende Schwerpunktsetzungen in der Dienstanweisung zur Folge hat.
2.2.
Die kirchenmusikalische Fachaufsicht ist zu beteiligen bei:
2.2.1.
Stellenbeschreibungen und -ausschreibungen
2.2.2.
Stellenbesetzungen
2.2.3.
Erstellung, Überprüfung und Änderung von Dienstanweisungen
2.2.4.
Berechnung des Beschäftigungsumfangs
2.3.
Für die Beteiligung der zuständigen Stelle der Fachaufsicht gilt:
2.3.1.
Kreiskantorin/Kreiskantor – in jedem Fall
2.3.2.
Propsteikantorin/Propsteikantor – bei B-Stellen über 50 Prozent
2.3.3.
Landeskirchenmusikdirektorin/Landeskirchenmusikdirektor – bei A-Stellen, kann die Aufgabe an die zuständige Propsteikantorin/den zuständigen Propsteikantor delegieren.
2.4.
Bei Neubesetzung einer Stelle ist schon vor der Ausschreibung der zeitliche Aufwand für die erwarteten Tätigkeiten zu berechnen.
2.5.
In der Dienstanweisung sind die einzelnen Dienste und ihr zeitlicher Umfang zu benennen.
2.6.
Die in 4. für die einzelnen Tätigkeiten angegebenen Anrechnungszeiten sind grundsätzlich verbindlich. In begründeten Fällen können aufgrund des Stellenprofils, der persönlichen oder der örtlichen Gegebenheiten abweichende Zeiten zugrunde gelegt werden, dies bedarf der Mitwirkung und Zustimmung der kirchenmusikalischen Fachaufsicht.
2.7.
Die folgenden Zeiten sollen in der Summe 40 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit1# nicht überschreiten:
2.7.1.
Präsenzzeiten bei Gottesdiensten und Kasualien
2.7.2.
Präsenzzeiten bei Probenarbeit
2.7.3.
Zeiten für Organisation, Verwaltung und Management
2.7.4.
Zeiten für besondere, mit dem Profil der Stelle zusammenhängende Aufgaben
2.7.5.
Instrumentalunterricht im Rahmen des Dienstauftrags
2.7.6.
gegebenenfalls Zeiten für gemeindepädagogische Aufgaben
2.8.
Die Arbeitszeitberechnung für gemeindepädagogische Dienste erfolgt nach den hierfür geltenden Bestimmungen.
2.9.
Sind Dienste in mehreren Kirchengemeinden vorgesehen, so ist eine Gemeinde als Schwerpunktgemeinde zu benennen, in der der Hauptteil der kirchenmusikalischen Arbeit zu leisten ist. Stellenanteile in weiteren Gemeinden sind nur in dem Maße sinnvoll, wie
2.9.1.
eine Koordinierung der Dienste und Aufgaben – auch zu kirchlichen Festzeiten – möglich ist und
2.9.2.
der Aufwand für Dienstbesprechungen und Dienstwege in einem vertretbaren Verhältnis zur fachlichen Arbeit bleibt.
2.9.3
Für die Anrechnung von Fahrzeiten gilt die Kirchliche Arbeitsvertragsordnung (z. Zt. § 43 Nr. 3 Absatz 5)
2.10.
Bei Teilzeitstellen (A oder B) soll der Beschäftigungsumfang mindestens 50 Prozent betragen. Für die allgemeine musikalisch-künstlerische Vorbereitung sind hier mindestens acht Wochenstunden vorzusehen.
2.11.
Ist Instrumentalunterricht Bestandteil der Dienstanweisung, so werden gegebenenfalls erhobene Unterrichtsgebühren an die Kirchengemeinde oder den Kirchenkreis abgeführt.
2.12.
Bei deutlichen Veränderungen des Stellenprofils und grundsätzlich alle zwei Jahre ist die Dienstanweisung zu überprüfen. Die Kirchenmusikerin oder der Kirchenmusiker hat das Recht, bei veränderten Anforderungen eine Überprüfung der Arbeitszeitberechnung zu verlangen.
2.13.
Die Dienstanweisung ist Grundlage für die Ausgestaltung des Dienstes, sie muss ihre Ergänzung finden in regelmäßigen und einvernehmlichen Absprachen zwischen Kirchenmusikerin oder Kirchenmusiker, den anderen Mitarbeitenden und dem Anstellungsträger.
3. Flexibilität von Dienstanweisungen
Die Praxis zeigt, dass sich Voraussetzungen oder Inhalte von Arbeitsbereichen auch kurzfristig ändern können (Projekte, Sondervorhaben, Wegfall oder Zuwachs von Gruppen und so weiter). In solchen Fällen muss die Dienstanweisung angepasst werden. Außerdem kann in der Dienstanweisung zusammengefasst für bestimmte Aufgabenbereiche ein Zeitfonds vorgesehen werden, innerhalb dessen flexibel auf Entwicklungen und sich ändernde Schwerpunkte reagiert werden kann. Dies empfiehlt sich insbesondere dann, wenn bei diesen Aufgaben erfahrungsgemäß mit Fluktuation, zeitlich begrenzter Projektarbeit oder den Auswirkungen struktureller Veränderungen zu rechnen ist. Es empfiehlt sich, die Jahresplanung gemäß § 3 der Ordnung für den kirchenmusikalischen Dienst mit einer Überprüfung der Dienstanweisung zu verbinden.
4. Zeitliche Bewertung kirchenmusikalischer Dienste
4.1. Kantorendienst
Probenarbeit

(anzurechnen: Präsenzzeit, das heißt Dauer der Probe
plus Vor- und Nachbereitung vor Ort)
in der Regel anzurechnende Zeit (Stunden)
Chor
2 bis 2,5
Kinderchor
1 bis 1,5
anderer Vokalchor (Jugend-, Senioren-, Kammer-, Gospelchor, ...)
2
Instrumentalgruppe (Posaunen, Orchester, Band, Blockflöten, ...)
1 bis 2
Zusatzprobe (z. B. vor Gottesdiensten)
1
Vorbereitungszeit: im gleichen Umfang anzusetzen wie die jeweilige Probendauer ohne Vor- und Nachbereitung vor Ort
Andere, unregelmäßige Dienste
(anzurechnen: Präsenzzeit)
Offenes Singen, Gemeindesingen
1,5
Vorbereitungszeit Offenes Singen, Gemeindesingen
1,5
Diakonisch-missionarische Einsätze (Geburtstagssingen, Krankenhaussingen, ...)
1
Singen bei Gemeindeveranstaltungen (Gemeindeabend, Seniorennachmittag, ...)
1
4.2. Organistendienst
Gottesdienste und Kasualien

(anzurechnen: Präsenzzeit, das heißt Dauer plus durchschnittlich 20 Minuten)
Gottesdienst an Sonntagen
1,5
Gottesdienst an Wochenfeiertagen
1,5
Kindergottesdienst, Schulgottesdienst
1
Kasualie, Andacht
0,75
Trauerfeier (im Rahmen des Dienstauftrags)
0,75
4.3. Konzerte im Rahmen des Dienstauftrags
(anzurechnen: erforderliche Präsenzzeit)

3
Konzerte mit selbst geleiteten Gruppen/Ensembles
weitere Konzerte (Orgelmusiken, Kammerkonzerte usw.)
Gastkonzerte (Betreuung und Begleitung)
4.4. Instrumentalunterricht im Rahmen des Dienstauftrags
Einzelunterricht
1
Gruppenunterricht: unter 4.1 (Instrumentalgruppe berücksichtigen)
-
4.5. Musikalisch-künstlerische Vorbereitung
12/Woche
4.6. Organisatorische Aufgaben und musikalische Schwerpunkte entsprechend Profil und Umfang der Stelle
Organisation, Verwaltung, Management
4...7/Woche2#
Orgelvorführungen u. .ä.
...
Probenwochenenden, Chorfahrten, Rüstzeiten
nach KAVO
Künstlerische Schwerpunkte zugunsten der Gemeinde (z. B. Arrangements, Kompositionen
1/Woche
andere musikalische Schwerpunkte
...
Instrumenten- und Inventarpflege
0,5/Woche
4.7. Sonstiges
Dienstbesprechung
1...3/Woche3#
Konvent
1/Woche
Kommunikative Aufgaben
1...3/Woche4#
Wegezeiten
nach KAVO
4.8. Beauftragungen oder Aufgaben im Kirchenkreis
Kreiskantor
4/Woche
andere Aufgaben (z. B. Gewinnung und Förderung Ehrenamtlicher)
...
5. Hinweise zur Anwendung des Berechnungsbogens
5.1.
Die Berechnung geht von 44 Arbeitswochen und 6 Urlaubswochen jährlich aus, auch wenn der Urlaubsanspruch im Einzelfall geringfügig abweichen kann. Dies ergibt unter Berücksichtigung der Feiertage bei Vollbeschäftigung 1716 Jahresarbeitsstunden.
5.2.
Die in der Dienstanweisung genannten Arbeitsaufgaben ergeben nach Anwendung der Berechnungstabelle die dafür erforderlichen Jahresarbeitsstunden. Wird im Ergebnis die durch den Stellenumfang bestimmte Jahresarbeitszeit überschritten, so müssen Aufgaben wegfallen – ein „Passend-Rechnen“ durch Verringerung der Anrechnungszeiten für die einzelnen Aufgaben ist nicht zulässig.
5.3.
Bei den Stundenrichtwerten für die Probenarbeit mit Chören und Instrumentalgruppen gab es bisher geringfügige Unterschiede in beiden Teilkirchen. Die neue Regelung sieht vor, dass die reale Präsenzzeit anzurechnen ist: die Dauer der Probe und die erforderliche Anwesenheitszeit davor und danach. Als Vorbereitungszeit wird jeweils die Dauer der Probe angerechnet.
5.4.
Die musikalisch-künstlerische Vorbereitung umfasst Üben an Instrumenten, inhaltliche Vorbereitung von Kirchenmusiken und besonders ausgestalteten Gottesdiensten, Partiturstudium, dirigentische Vorbereitung von Konzerten und Weiteres. So wie beispielsweise Pfarrerinnen und Pfarrer Zeit benötigen, um Predigten vorzubereiten, sich mit theologischen Fragen zu befassen oder Impulse für ihre geistlichen Aufgaben zu erhalten, schafft die hier für Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker veranschlagte Zeit die Voraussetzung, dass Kreativität und hohes fachliches Können erhalten und in den Verkündigungsdienst eingebracht werden können. Auch bei Teilzeitstellen ab 50 Prozent sind deshalb mindestens acht Stunden zu garantieren, bei geringerem Beschäftigungsumfang ist die Anrechnungszeit individuell unter Beteiligung der Fachaufsicht festzulegen.
5.5.
Der Umfang organisatorischer Aufgaben im Kantorat ist nicht zu unterschätzen und entsprechend zu berücksichtigen. Auch bei Teilzeitstellen sollen mindestens drei Wochenstunden dafür vorgesehen werden. Es sollte überlegt werden, welche Organisations- und Verwaltungsaufgaben dem Kirchengemeindebüro oder ehrenamtlichen Helfern übertragen werden können.
5.6.
Für die Arbeitszeitberechnung für Probenwochenenden, Chorfahrten, Rüstzeiten u. ä. sind die Regelungen der KAVO zu beachten (z. Z. § 43 Nr. 3 Abs. 7 KAVO).
5.7.
Insbesondere für Regionalstellen ist zu empfehlen, die Aufgaben der Kirchenmusikerin oder des Kirchenmusikers in den einzelnen Gemeinden sorgfältig abzustecken und mit allen Beteiligten abzustimmen. Wichtige Termine, bei denen Dienste der Kirchenmusikerin oder des Kirchenmusikers erwartet werden, sollten langfristig in einem Jahresplan festgelegt werden. Der Aufwand für Dienstbesprechungen und Dienstwege ist auf ein vertretbares Maß zu beschränken.
5.8.
Die Arbeitszeitberechnung für Teilzeitstellen erfordert besondere Aufmerksamkeit. Es muss gewährleistet sein, dass der Kirchenmusikerin oder dem Kirchenmusiker außerhalb seiner Anstellung zusammenhängende Zeit für eine anderweitige Beschäftigung zur Verfügung steht. Bei einem Beschäftigungsumfang unter 75 Prozent kann nicht ein Dienst an jedem Sonntag erwartet werden. Der Zeitaufwand für Dienstbesprechungen und für Konvente ist auf ein nötiges Maß zu beschränken. In beiden Fällen sind Vereinbarungen zu treffen.
6. Anlage: Berechnungsbogen zur Bestimmung des Beschäftigungsumfangs5#

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1 ↑ Hinweis wöchentliche Arbeitszeit: Ist die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber zugleich Kreiskantorin/Kreiskantor oder Propsteikantorin/Propsteikantor, so ist der Anteil für diese Tätigkeit vorab vom Beschäftigungsumfang abzusetzen.
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2 ↑ Minimalwert oder Maximalwert gleichzeitig in allen Positionen ist nicht zulässig.
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3 ↑ Minimalwert oder Maximalwert gleichzeitig in allen Positionen ist nicht zulässig.
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4 ↑ Minimalwert oder Maximalwert gleichzeitig in allen Positionen ist nicht zulässig.
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5 ↑ Hier nicht abgedruckt (siehe ABl. 2018 S. 31).